Verletzlichkeit zuzulassen – ja, sogar zu zelebrieren – kostet viel Überwindung. Berlins queere Indiepop-Ikone Gigolo Tears weiß das nur zu gut und liefert uns mit der heutigen EP genau den Soundtrack, den wir dafür brauchen. „Heul doch“ erinnert uns mal behutsam, mal empowernd an die Berechtigung jeder einzelnen Emotion, so falsch es sich in dem Moment auch anfühlen mag. Mehr noch, das neue Release des nonbinary Artists nimmt uns mit in eine Welt voller Intimität, in der die unterschiedlichen Nuancen emotionaler Zustände in Form von eingängigen Tracks im verdienten Spotlight stehen. Von zarter Indiepop-Ballade, über tanzbaren Hyperpop-Banger bishin zu quirligem Teen-Rock-Song halten die sieben Tracks der EP alles bereit – und scheuen sich weder, mit schonungsloser Ehrlichkeit für Nahbarkeit zu sorgen, noch ordentlich auszuteilen (ausnahmsweise mal nicht gegen sich selbst).
„Ich bin ein cis-Macker, meine Meinung interessiert die Welt /
Egal, ob du mich fragst, ich hab für dich immer einen Tipp /
Ich bin ein cis-Macker, ich bin der, der am meisten Kohle kriegt /
Das liegt ja nur daran, dass es niemand so gut kann wie ich„
(„Macker“)
Gigolo Tears verwandelt alltägliche Erfahrungen, tiefgreifende Ängste und unbändige Wut in lyrisches Gold und kreiert dadurch einen Kosmos in dem vor allem junge Queers wertvolle Identifikationsfläche sowie einen bitter nötigen Safe Space finden. Gigolo Tears ist Cheerleader*in aller Gefühle und bringt dazu nicht nur jede Menge musikalische Finesse, sondern auch starke, queerfeministische Messages mit. Themen wie PMS, Versagensängste und Herzschmerz werden auseinandergenommen, seziert und wieder neu zusammengesetzt, sodass der angestaute Frust wahlweise eskalativ weggetanzt oder hemmungslos weggeheult werden kann. Damit bricht das Ausnahmetalent nicht nur mit fest verankerten Tabus sondern auch eine Lanze für alle Crybabies.
Hier findet ihr die „Heul doch“-EP auf den Streamingseiten: https://shrt.audiolith.net/al446